Sicherheitsunterweisungen: ein wichtiger Baustein im Arbeitsschutz
Unterweisungen müssen aber immer in ein Gesamtkonzept der betrieblichen Gesundheitsschutzmaßnahmen eingebunden sein: Sie können andere Maßnahmen nicht ersetzen, sie müssen sie aber ergänzen. Denn nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sind Gefahren direkt an der Quelle, d. h. mit technischen Maßnahmen, zu entschärfen. Wo sie allein nicht zum Ziel führen, müssen ergänzende organisatorische und personenbezogene Maßnahmen – in dieser Reihenfolge – hinzukommen („TOP-Prinzip“).
Arbeitsschutz nach dem TOP-Prinzip
Schutzmaßnahmen | ||
---|---|---|
T | 1. | Technische Maßnahmen: z. B. Abschrankung von Quetschstellen, Ersatz von Gefahrstoffen durch weniger gefährliche Stoffe, Einsatz lärmarmer Maschinen |
O | 2. | Organisatorische Maßnahmen: z. B. Arbeitssicherheits- und Gesundheitsschutzunterweisungen, Beauftragung geeigneter Beschäftigter, ausreichende Arbeitspausen |
P | 3. | Personenbezogene Maßnahmen: z. B. arbeitsmedizinische Vorsorge, Benutzung Persönlicher Schutzausrüstungen |
Notwendige Unterweisungsinhalte
Beschäftigte sollen Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen erkennen können. Sie sollen darüber
hinaus entsprechend den Vorgaben des Unternehmers zu deren Schutz handeln. Dazu müssen sie mit den dafür notwendigen Informationen ausgestattet sein.
Grundlage für deine Unterweisungsinhalte ist deine aktuelle Gefährdungsbeurteilung, denn darin hast du ermittelt, welche Gefahren in deinem Betrieb entstehen können. Gleichzeitig hast du darin auch die Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten festgelegt. Die dabei erarbeiteten Informationen hast du in eine oder mehrere Betriebsanweisungen einbezogen. Diese Betriebsanweisungen hängst du in deinem Unternehmen aus. Wenn du also deine Unterweisungen vorbereitest, musst du genau diese Informationen zusammentragen. Du musst dir jetzt überlegen, wie du diese Inhalte überzeugend vermitteln kannst: Willst du mit PowerPoint oder Postern arbeiten? Außerdem musst du bei der Vorbereitung von Unterweisungen etwaige Betriebsanleitungen der einzusetzenden Arbeitsmittel und Maschinen berücksichtigen.
Deine Unterweisung muss mindestens die folgenden Inhalte haben:
- Gefährdungen und Gesundheitsgefahren: Beschreibung und Erläuterung der konkreten arbeitsplatz- und aufgabenbezogenen Gefährdungen anhand der Gefährdungsbeurteilung.
- Schutzmaßnahmen: Das bezieht sich nicht nur darauf, was bereits umgesetzt wurde – wie technische Schutzmaßnahmen –, sondern auch darauf, was noch vom Beschäftigten zu erledigen ist.
- Richtiges Verhalten: Das richtige und gesunde Verhalten der Beschäftigten zu deren Schutz. Du musst erläutern, welche Handlungsweisen gefordert oder gewollt sind und welche möglichen Handlungen du auf keinen Fall willst bzw. nicht duldest.
- Verhalten im Notfall: Du musst den Beschäftigten sagen, wie sie sich im Notfall zu verhalten haben: Was ist erlaubt und was ist verboten? Sollte es für Arbeitsplätze besondere Notfallvorschriften geben, gehört das in die Unterweisung mit hinein.
- Inhalte aus Vorschriften und Regeln: Gibt es spezielle Inhalte in Vorschriften und Regelwerken? Dann musst du die notwendigen Inhalte filtern und zum Bestandteil deiner Unterweisung machen.
Fazit: Jede Unterweisung braucht eine entsprechende Vorbereitung. Sei dabei kreativ und gestalte jede Unterweisung etwas anders. Lege die Schwerpunkte unterschiedlich.
Wie du durch systematische Planung den Unterweisungserfolg sicherst
Sicherheitsunterweisungen sind zwar nach vielen Arbeitsschutzvorschriften obligatorisch, die Art der Durchführung ist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Letztlich kommt es „nur“ darauf an, dass die Unterweisungsinhalte verständlich vermittelt werden und in der Praxis auch tatsächlich zu sicherheitsgerechtem Verhalten führen. Lese hier, wie du durch geschickte Vorbereitung und die Anwendung bewährter pädagogischer Verhaltensregeln erreichst, dass die Unterweisungen auch so ankommen, wie sie es sollen.
Doch was einfach klingt, bereitet vielen Unterweisenden oft erhebliche Schwierigkeiten: Schließlich sind sie zwar ausgewiesene Experten auf ihrem Arbeitsgebiet, haben aber meist keine pädagogische Ausbildung genossen. Wer Unterweisungen durchführt, sollte darum immer diesen Grundsatz beherzigen: Eine sorgfältige und systematische Vorbereitung ist die halbe Miete.
Kennen – können – wollen
Eine erfolgreiche Unterweisung muss 3 Ziele erreichen:
- Die Teilnehmer müssen die Gefährdungen und die entsprechenden Schutzmaßnahmen kennen (Wissens-Dimension).
- Sie müssen die Schutzmaßnahmen anwenden können (Kompetenz-Dimension), z. B. „Wie lege ich eine Atemschutzmaske richtig an?“
- Sie müssen die Maßnahmen einhalten wollen (Motivations-Dimension) – immer wieder kommt es zu Unfällen, weil sich jemand trotz besseren Wissens aus Bequemlichkeit oder Leichtsinn in Gefahr begibt!
Diese Aufgaben hast du als Unterweisender
Entsprechend der vorstehend dargestellten Mehrdimensionalität der Unterweisungsziele nimmt jeder Unterweisende – das sind in der Regel Vorgesetzte, besonders erfahrene Kollegen oder dich als Sicherheitsfachkraft – unterschiedliche Funktionen wahr, die für das Unterweisungsziel maßgeblich sind. Sie gehen weit über die reine Informationsvermittlung hinaus, wie die folgende Tabelle zeigt.
Funktionen des Unterweisenden:
Der Unterweisende… | |
---|---|
informiert | die Beschäftigten über mögliche Gefährdungen im Umgang mit Arbeitsmitteln. |
verstärkt | sicherheitsgerechte Verhaltensmuster. |
trainiert | mit den Beschäftigten sicherheitsgerechtes Verhalten und gibt… |
Anweisungen | auf der Grundlage von Betriebsanweisungen. |
interessiert | die Beschäftigten für das Thema. |
motiviert | die Kollegen zur Einhaltung der Sicherheits- und,Gesundheitsschutzvorschriften und fördert damit… |
nachhaltig | unfall- und störungsfreie Betriebsabläufe. |
Kläre bei der Planung diese 5 Fragen
Diese Vielschichtigkeit deiner Funktionen als Unterweisender erfordert, dass du bei der Planung jeder Unterweisung zunächst folgende 5 Fragen klären musst. Von deiner Beantwortung hängt entscheidend ab, wie du die Unterweisung gestaltest, welche Unterweisungsmethoden du einsetzt usw. Diese Vielschichtigkeit deiner Funktionen als Unterweisender erfordert, dass du bei der Planung jeder Unterweisung zunächst folgende 5 Fragen klären musst. Von deiner Beantwortung hängt entscheidend ab, wie du die Unterweisung gestaltest, welche Unterweisungsmethoden du einsetzen usw.
- Was ist das Ziel der Unterweisung? Zum Beispiel Ersteinweisung eines neuen Mitarbeiters, Schutzmaßnahmen auf einer neuen Baustelle usw.
- Was sollen die Unterwiesenen anschließend wissen und können? Lege dabei auch fest, welche Kenntnisse durch Nachmachen oder Übungen praktisch verfestigt werden müssen.
Wichtig: Dabei solltest du beobachtbare konkrete Verhaltensweisen als Unterweisungsziel festlegen – also nicht „Gefahrenbewusstsein bei Dacharbeiten“, sondern „Bei Dacharbeiten die vorgeschriebenen Absturzsicherungen richtig benutzen.“ - Welche Vorkenntnisse besitzen die Teilnehmer schon? Fange nicht bei Adam und Eva an, sonst langweilst du deine Adressaten. Ermittele, welche Vorkenntnisse sie zum Unterweisungsthema haben, z. B. durch ihre Berufserfahrung. Eine Aushilfskraft musst du sorgfältiger über die richtige Benutzung bestimmter PSA unterweisen als einen neuen Kollegen, der vorher schon lange damit gearbeitet hat.
- Welche Hilfsmittel kannst du anwenden? Mache dein Thema anschaulich, indem du z. B. Fotos, Grafi ken usw. einsetzen. Denke ggf. an Flipchart, Beamer o. Ä.
- Welche Methoden eignen sich am besten? Nicht immer ist der Frontalvortrag die ideale Vermittlungsform. Prüfe vor jeder Unterweisung, ob nicht etwa Gruppendiskussionen (z. B. zur Erarbeitung gemeinsamer Lösungen für ein Sicherheitsproblem) oder praktische Übungen (z. B. zur Benutzung von Absturzsicherungen) zweckmäßiger sind. – Bei Unterweisungen zu Persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden sind praktische Übungen sogar vorgeschrieben.
Tipp: Zu manchen Themen gibt es auch Schulungsfilme und -medien, z.B. von deiner Berufsgenossenschaft, Innung usw. Frage mal nach!
Kläre außerdem die folgenden organisatorischen Punkte
- Wo soll die Unterweisung stattfinden? Konzentriert zuhören können ist eine wesentliche Voraussetzung für gutes Gelingen. Wähle darum einen Raum, in dem möglichst wenig Störungen auftreten, etwa durch Lärm. Auch Kälte oder Zugluft hemmen die Konzentration! Praktische Unterweisungen müssen aber meist am Arbeitsplatz stattfinden. Sorgen dann durch Absprache mit den Kollegen vor Ort dafür, dass du, soweit es geht, ungestört bleibst.
- Wann soll die Unterweisung stattfi nden? Grundregel: Niemals kurz vor Feierabend, wenn die Mitarbeiter müde sind und nach Hause gehen wollen. Legen möglichst eine Zeit fest, zu der die Leistungsfähigkeit noch hoch ist, z. B. gleich morgens. Übrigens: Nach dem Arbeitsschutzgesetz ist die Unterweisung immer bezahlte Arbeitszeit.
- Wie lange soll die Unterweisung dauern? Fasse dich möglichst kurz: Oft reichen wenige Minuten; eine Erstunterweisung für neue Kollegen darf bis zu einer halben Stunde dauern. Sollte es nicht möglich sein, alle Punkte in dieser Zeit anzusprechen, setze die Unterweisung an einem anderen Tag fort.
So legst du die Inhalte fest
Bei der Festlegung der Inhalte deiner Schulung kannst du – je nach konkretem
Thema – ganz unterschiedliche Informationsquellen nutzen, z. B.
- Die internen Betriebsanweisungen,
- Bedienungsanleitungen für Arbeitsmittel oder Persönliche Schutzausrüstungen sowie
- Berufsgenossenschaftliche Vorgaben (DGUV-Vorschriften, Regeln und Informationen).
Beispiel: Willst du deine Kollegen zum sicheren Umgang mit Leitern schulen, empfiehlt es sich, die DGUV-Information 208-016 „Handlungsanleitung für den Umgang mit Leitern und Tritten“ zurate zu ziehen. Sie enthält sogar ein eigenes Kapitel dazu, was bei der Unterweisung zu beachten ist.
Die wichtigsten Vorschriften zu Unterweisungen
Wegen ihrer wichtigen Schutzfunktion sind Sicherheitsunterweisungen für Arbeitnehmer nach zahlreichen Vorschriften Pflicht. Als Sicherheitsfachkraft solltest du sie unbedingt kennen. Darum haben wir auf dieser Seite die wichtigen gesetzlichen und berufsgenossenschaftlichen Vorschriften zur Unterweisung für dich aufgelistet.
Nach dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) müssen die Unterweisungen ausreichend und angemessen sein (§ 12). „Ausreichend“ heißt: häufig und ausführlich genug; angemessen bedeutet: so, wie der Unterwiesene es am besten versteht, z. B. durch direktes Vormachen. In weiteren speziellen Bestimmungen wie Rechtsverordnungen und DGUV-Vorschriften werden diese Grundanforderungen konkretisiert: Manche verlangen z. B. ausdrücklich, dass die Unterweisung anhand der Betriebsanweisungen erfolgen muss. Darin ist auch angegeben, welche Unterweisungen du schriftlich dokumentieren musst, um sie später gegenüber Arbeitsschutzbehörden, Berufsgenossenschaften usw. nachweisen zu können.
Überblick der Vorschriften
Zielgruppe / Tätigkeiten | Gesetze / Verordnungen / Vorschriften | Häufigkeit: Vor Aufnahme der Arbeit und zusätzlich … | Anmerkungen |
---|---|---|---|
Allgemeine Unterweisungspflicht | |||
Alle Arbeitnehmer | ArbSchG § 12, DGUV-Vorschrift (Prävention) § 4 | 1x jährlich und bei neuen bzw. veränderten Gefährdungen | schriftliche Dokumentation der Unterweisung |
Benutzung Persönlicher Schutzausrüstungen (PSA) | + PSA-BV § 3 + DGUV-Vorschrift 1 § 31: bei PSA gegen tödliche Gefahren oder bleibende Gesundheitsschäden |
1x jährlich
+ vor erstmaliger Benutzung solcher PSA |
+ „sofern erforderlich“ + Unterweisung mit Übungen |
Leiharbeitnehmer | ArbSchG § 12, DGUV-Vorschrift 1 § 4 | 1x jährlich und anlassbezogen, z. B. in einem neuen Betrieb | Pflicht zur allgemeinen Unterweisung hat verleihender, zur betriebsspezifischen Unterweisung entleihender Betrieb |
Jugendliche (15–17 Jahre) | JArbSchG § 29 | mindestens halbjährlich und vor erstmaliger Beschäftigung an Maschinen oder gefährlichen Arbeitsstellen oder vor Arbeiten mit gefährlichen Stoffen | |
Verhalten auf Baustellen | BaustellV § 5 | keine Vorgabe; Empfehlung: anlassbezogen pro Baustelle | |
Tätigkeiten mit Gefahrstoffen | GefStoffV § 14 | mindestens 1x jährlich | anhand der Betriebsanweisung; schriftliche Dokumentation der Unterweisung; Teil dieser Unterweisung ist ferner eine allgemeine arbeitsmedizinisch-toxikologische Beratung durch den Betriebsarzt (sofern erforderlich) |
Tätigkeiten mit Biostoffen | BioStoffV § 14 | 1x jährlich und anlassbezogen, z. B. wenn im Betrieb Erkrankungen durch Biostoffe aufgetreten sind | anhand der Betriebsanweisung; schriftliche Dokumentation der Unterweisung; im Rahmen der Unterweisung ist auch eine allgemeine arbeitsmedizinische Beratung durchzuführen mit Hinweisen zu besonderen Gefährdungen z. B. bei verminderter Immunabwehr durch den Betriebsarzt (sofern erforderlich) |
Achtung: Für einige Tätigkeiten, wie z.B.das Führen von Kranen, gelten darüber hinaus spezielle Ausbildungsanforderungen.
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