Aufdecken betrieblicher Mängel und Gefährdungen
Das heißt, du kannst einmal deine Sicherheitsmängel im Betrieb aufdecken und erfüllen zudem auch gleichzeitig die gesetzlichen Pflichten des Unternehmers. Empfohlen wird dabei ein systematisches Vorgehen, unterteilt in 7 Schritte.
Schritt 1 – Arbeitsbereiche festlegen
Der erste Schritt ist das Festlegen der Arbeitsbereiche und Tätigkeiten. Dazu muss man sich zunächst einen Überblick über die betriebliche Organisation verschaffen, also welche Bereiche existieren und welche Tätigkeiten dort durchgeführt werden. Dabei darf man gleichartige Tätigkeiten mit ähnlichen Gefährdungen durchaus zusammenfassen und sich so etwas Arbeit ersparen. Beispielhaft können Büroarbeitsplätze als ein Arbeitsbereich betrachtet und entsprechend beurteilt werden. Dabei verschaffst du dir bereits einen ersten Überblick über mögliche vorhandene Gefahren in den Arbeitsbereichen.
Schritt 2 – Gefährdungen ermitteln
Anschließend folgt der wichtigste Teil der Gefährdungsbeurteilung: die Ermittlung der möglichen Gefährdungen. Dazu muss man wissen, welche Gefährdungen überhaupt auftreten können. In der nachfolgenden Tabelle findest du eine kleine Übersicht als erste Orientierungshilfe.
Bei der Betrachtung einer Tätigkeit werden nun alle möglichen und infrage kommenden Gefährdungen und Belastungen erfasst. Dies impliziert auch Gefährdungen durch technische oder organisatorische Mängel. Die häufigsten Gefährdungen treten bei der Gestaltung und Einrichtung einer Arbeitsstätte, bei dem Einsatz, der Gestaltung und der Auswahl von Arbeitsmitteln, bei der Gestaltung von Arbeitsabläufen und Arbeitszeiten sowie aufgrund mangelnder Unterweisung und Qualifikation der Beschäftigten auf. Bei gleichen Arbeitsbedingungen mit ähnlichen Gefährdungen genügt es, einen Arbeitsplatz zu betrachten. Beachte aber, dass du in bestimmten Fällen verpflichtet bist, personenbezogene Gefährdungsbeurteilungen durchzuführen. Dies ist bei besonderer Gefährdung der Mitarbeiter, Schwangeren, Jugendlichen sowie bei chronisch kranken Mitarbeitern (z. B. Asthmatikern) der Fall.
Gefährdungsart | Beispiel |
---|---|
Mechanische Gefährdungen | Stoß-, Scher-, Quetschstellen |
Elektrische Gefährdungen | blanke Kabel, spannungsführende Teile |
Gefährdungen durch Gefahrstoffe | Umgang mit Benzin/benzolhaltigen Stoffen |
Gefährdungen durch Biostoffe | Umgang mit Blut |
Brand- und Explosionsgefährdungen | explosionsfähige Gase, brennbare Fluide |
Thermische Gefährdungen | heiße/kalte Oberflächen |
Gefährdungen durch spezielle physikalische Einwirkungen | UV-Strahlung bei Schweißprozessen, Vibrationen, Lärm beim Schleifen |
Gefährdungen durch Umgebungsbedingungen | Raumklima, Beleuchtung |
Physische Belastungen | schwere statische/dynamische Arbeit, Heben, Halten |
Psychische Belastungen | Zeitdruck, Stress |
Sonstige Gefährdungen | permanentes Tragen von Handschuhen |
Schritt 3 – Gefährdungen beurteilen
Sind alle Gefährdungen ermittelt, folgt die Beurteilung der Risiken. Dabei musst einschätzen, wie hoch das Risiko durch die Gefährdung ist. Das Risiko setzt sich aus Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit zusammen. Bewährt hat sich eine Einteilung der Risiken in 3 Klassen:
- Die 1. Klasse sind Risiken, die als Restrisiken akzeptabel sind. Das heißt Risiken, die nach der Anwendung von Maßnahmen übrig bleiben und kleiner sind als das Grenzrisiko. Das Grenzrisiko ist das größte noch hinnehmbare Risiko durch eine Gefährdung.
- Die 2. Klasse stellen Risiken dar, die mittel- bis langfristig beseitigt oder minimiert werden müssen. Das heißt, hier besteht Handlungsbedarf, der jedoch nicht akut ist.
- In die 3. Klasse werden alle Risiken eingeordnet, die inakzeptabel und nicht hinnehmbar sind. Das heißt Zustände, bei denen die Sicherheit und die Gesundheit akut gefährdet sind. Ist eine Gefährdung hier eingeordnet, ist auch eine sofortige Stilllegung der Arbeit denkbar.
Schritt 4 – Maßnahmen festlegen
Hast du alle Gefährdungen eingeordnet, erfolgt die Festlegung geeigneter Schutzmaßnahmen. Diese Maßnahmen werden am sinnvollsten nach dem STOP-Prinzip ermittelt. Das bedeutet, dass als erste Maßnahme eine mögliche Substitution der Gefahrenquelle in Erwägung gezogen werden muss. Ist dies nicht möglich, sollen möglichst technische Maßnahmen ergriffen werden, beispielsweise das Installieren einer Absaugung oder eine Kapselung der Gefahrenquelle. Ist auch dies aus prozesstechnischer Sicht nicht möglich oder ausreichend, müssen organisatorische Maßnahmen ergriffen werden. Dies könnte z. B. eine Expositionszeitbegrenzung des Beschäftigten sein, indem er nur eine gewisse Zeit an der Gefahrenquelle arbeitet und anschließend in einen anderen Bereich wechselt. Sind alle eben genannten Maßnahmen nicht möglich oder ausreichend, darf erst dann zu persönlichen Maßnahmen wie Persönliche Schutzausrüstungen (PSA) gegriffen werden. Hier muss allerdings eine hinzukommende Beeinträchtigung des Mitarbeiters durch die PSA als neue Gefährdung berücksichtigt werden.
Schritt 5 – Maßnahmen umsetzen
Sind geeignete Maßnahmen gefunden, ist es an der Zeit, diese umzusetzen. Dabei muss zuvor genau festgelegt werden, wer für die Umsetzung verantwortlich ist und bis wann die Umsetzung erfolgen muss, andernfalls hast du bei Nichterledigung und Unfall ein Organisationsverschulden.
Schritt 6 – Wirksamkeit prüfen
Wenn alle festgelegten Maßnahmen umgesetzt wurden, gilt es, nach einiger Zeit die Wirksamkeit der Maßnahmen zu prüfen. Dies sollte einmal direkt nach der Einführung der Maßnahmen erfolgen und anschließend in regelmäßigen Abständen. Überprüft wird zum einen, ob der vereinbarte Termin eingehalten wurde, zum anderen natürlich, ob die Gefährdung auch tatsächlich beseitigt werden konnte und ob durch die Maßnahme nicht womöglich neue Gefährdungen entstanden sind. Ist die Gefährdung nicht beseitigt worden, musst du prüfen, wo die Ursache dafür liegt. Anschließend legst du neue geeignete Maßnahmen fest, die dann später erneut auf deren Wirksamkeit geprüft werden.
Schritt 7 – Gefährdungsbeurteilung fortschreiben
Erfüllen die getroffenen Maßnahmen ihren Zweck und sorgen für einen sicheren Arbeitsplatz, sollte die Gefährdungsbeurteilung aber nicht einfach beiseitegelegt und abgehakt werden. Arbeitsschutz ist ein ständiger Prozess, der nie zu Ende geht. Daher ist es erforderlich, die Gefährdungsbeurteilungen fortzuschreiben. Dies muss immer dann erfolgen, wenn sich die Betriebsparameter ändern, Unfälle an bestimmten Stellen häufen, neue Verfahren, neue Maschinen, neue Arbeitsmittel oder neue Arbeitsstoffe eingeführt werden. Zudem ist es erforderlich, die Gefährdungsbeurteilung fortzuschreiben, wenn Arbeitsbereiche umgestaltet werden, sich Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisationen ändern oder wenn neue Gesetze und Verordnungen eingeführt werden.
Vergiss nicht die Dokumentation!
Zuletzt ist § 6 ArbSchG zu beachten, in dem es um die Dokumentationspflicht geht. Darin heißt es: „(1) Der Arbeitgeber muss über die je nach Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten erforderlichen Unterlagen verfügen, aus denen das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die von ihm festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und das Ergebnis ihrer Überprüfung ersichtlich sind. Bei gleichartiger Gefährdungssituation ist es ausreichend, wenn die Unterlagen zusammengefasste Angaben enthalten.“
Es sollten also alle Schritte der Gefährdungsbeurteilung dokumentiert werden. Die Dokumentation muss nicht zwingend in schriftlicher Form vorliegen, aber ohne ein schriftliches Dokument kannst du im Zweifel keinen Beweis antreten. Führe eine fortlaufende Dokumentation durch, brauchst du allerdings nicht das gesamte Dokument erneut parat zu haben; hier genügt ein Verweis auf die anderen Unterlagen.
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