Eine Behinderung kann sich auf Sicherheitsaspekte auswirken wie:
- Einschränkungen des Hör- oder Sehsinns bis zu völliger Blindheit und Taubheit
- Bewegungsstörungen, z. B. aufgrund von Muskel- oder Nervenerkrankungen oder Wirbelsäulenschäden, die zu Lähmungen führen
- körperliche Besonderheiten infolge von Kleinwuchs
- körperliche Einschränkungen durch fehlende oder verkümmerte Körperglieder als Contergan- oder Unfallschäden
- Erkrankungen, die zu zeitweiligen Störungen führen können, wie Anfallsleiden
- seelische Erkrankungen und psychische Besonderheiten wie Depressionen, Angststörungen, Suchterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen
- Menschen mit Lernschwierigkeiten, früher „geistig Behinderte“ genannt.
Arten von Behinderung
Auch wenn die Erkrankungen sich erheblich auf den Alltag und Beruf auswirken, wie schwere Formen von Diabetes oder Rheuma, spricht man von Behinderung. Wie die jeweilige Form einer Behinderung eines Mitarbeiters sich auf die Sicherheitsaspekte auswirkt, klärst du in deinen Gefährdungsbeurteilungen. Daraus ergeben sich dann meist auch die Punkte, die du in einer Sicherheitsunterweisung ansprechen musst. Einige Beispiele findest du im Folgenden genannt.
Was alle Nicht-Behinderten über die Situation der Kollegen mit Behinderung wissen sollten
Ganz wichtig ist, dass du dich auch in deinen Unterweisungen um Inklusion bemühst. Es mag Fälle geben, in denen du die individuellen Besonderheiten mit dem Betroffenen besser persönlich klärst, beispielsweise, wenn ein Epilepsie-Gefährdeter stets einen Kopfschutz tragen muss. Es gibt aber auch viele Aspekte, bei denen es gerade aus Sicherheitsgründen notwendig ist, dass die Arbeitskollegen betroffener Mitarbeiter Bescheid wissen, z. B.:
- wie man sich bei einem akuten Anfall eines Epileptikers verhalten sollte.
- wie man angemessen reagiert, wenn ein unter Diabetes leidender Kollege bewusstlos wird.
- wer sich auf welche Weise in Notfallsituationen, bei Brand oder bei Räumungsübungen um den Kollegen mit einer Behinderung kümmert.
- warum und wie man einem lernschwachen Kollegen Arbeitsanweisungen andere Arbeitsanweisungen geben sollte.
Tipp: Bestimme Evakuierungshelfer, die du einem Mitarbeiter mit Sehschwäche oder eingeschränkter Mobilität zuordnest.
Du musst bei diesen Themen stets behutsam abwägen zwischen dem Wahren der Privatsphäre einerseits und den Sicherheitsanforderungen in deinem Betrieb andererseits. Es kann daher sinnvoll sein, dass du mit den betroffenen Mitarbeitern vorab sprichst und ihnen klarmachst, dass es nicht um Bloßstellung geht, sondern um die Sicherheit für sie selbst und ihre Kollegen. Wenn z. B. ein Diabetiker offen seine Situation schildert, kann das sehr überzeugend wirken und einer Verunsicherung im Notfall vorbeugen. Je nach Fall kann man eine schwierige Situation auch gemeinsam durchspielen und anschließend auswerten. Das ist z. B. unbedingt empfehlenswert für Notfallsituationen.
Das Reagieren der Betroffenen, aber auch der Kollegen (!) bei Brand, Explosion, Evakuierung, Räumung usw. spielt bei vielen Behinderungen eine noch größere Rolle als sonst. Hier kommen für deine Unterweisung „Verhalten im Notfall“ oft spezielle Themen dazu, wie z. B.
- Hast du für mobilitätseingeschränkte Mitarbeiter spezielle Rettungshilfsmittel angeschafft wie Evakuierungsstühle? Dann lasse im Rahmen deiner Unterweisung den Umgang damit einüben, beispielsweise das Retten über ein Treppenhaus oder eine Außentreppe.
- Hast du für gehörschwache Mitarbeiter, die akustische Alarme oder Lautsprecherdurchsagen nicht wahrnehmen, Vibrationsmelder angeschafft, die auf alle Alarmsignale, z. B. von Brandmeldeanlagen, reagieren? Dann musst du auch das korrekte Verwenden solcher angepassten Notfallsysteme unterweisen und absprechen, wer sich um Wartung, Prüfung, Batterien usw. kümmert.
Hinweis: Die Kosten solcher behindertengerechten Maßnahmen bekommst du oft erstattet.
Was du vor der Unterweisung klären solltest
Eine Sicherheitsunterweisung zu körperlichen oder anderen Behinderungen erfordert nicht nur Fingerspitzengefühl, sondern auch eine gute Vorbereitung. Ziehe dabei deinen Betriebsarzt hinzu, ggf. auch den Schwerbehindertenvertreter und den Betriebsrat.
Kläre vor deiner Sicherheitsunterweisung die folgenden Aspekte:
- Sind meine Hilfsmittel für die Zuhörer geeignet? Welche meiner Materialien muss ich überarbeiten oder ganz neu konzipieren? Arbeitsschutzfilme sind prima, aber nur, wenn sie auch wahrgenommen werden, sprachlich komplizierte Folien bleiben für lernschwache Menschen unverstanden.
- Sind Ort und Zeit für die Sicherheitsunterweisung geeignet? Denke nicht nur an einen barrierefreien Zugang, sondern etwa auch daran, dass viele Menschen mit Behinderungen nicht in Vollzeit arbeiten. ››Welche Unterweisungsformen kann ich anwenden? Inwiefern werden meine akustischen, optischen, verbalen … Botschaften verstanden? Was kann ich auf welche Weise erklären und wer unterstützt mich dabei, z. B. ein Gebärdendolmetscher?
- Bei welchen Aspekten muss ich – bzw. der Betriebsarzt – die Privatsphäre und den Datenschutz beachten?
- Wie wirken sich Behinderungen meiner Mitarbeiter auf meine Unterweisungsinhalte aus, z. B. auf das Tragen von Persönlicher Schutzausrüstung? Auf Notfallsituationen? Welche Warnsignale kann ein Mitarbeiter möglicherweise nicht wahrnehmen? Inwiefern betrifft eine Behinderung die Rettungsmöglichkeiten?
Was du „Sicherheit“ einfach klärst
Menschen mit Lernschwierigkeiten können Informationen per Vortrag, Formular oder PowerPoint-Folie oft nur eingeschränkt folgen. Das kann übrigens auch für Mitarbeiter mit Migrationshintergrund zutreffen oder Menschen mit eingeschränkten Lesefähigkeiten. Von den mehr als 7,5 Mio. funktionalen Analphabeten in Deutschland stehen viele im Arbeitsleben. Für alle diese Menschen hilfreich ist das Konzept „Leichte Sprache“. Es umfasst Regeln zur Sprache und Rechtschreibung, die ein Verständnis des geschriebenen oder gesprochenen Wortes erleichtern.
Wenn du Unterweisungen vor Mitarbeitern mit Lernschwierigkeiten hälst, solltest du dich mit diesem Konzept befassen und deine Sprache und Materialien darauf einstellen. Das ist gar nicht so schwer und als Übung, sich verständlicher auszudrücken, durchaus zu empfehlen.
„Über die BAuA“ in der Standardversion | Vorstellung der BAuA in „Leichter Sprache“ |
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Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) berät als maßgebliche Ressortforschungseinrichtung das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in allen Fragen bezüglich der Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit und der menschengerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Als Bundeseinrichtung FuE-Aufgaben agiert die Bundesanstalt an der Schnittstelle… | Wir forschen bei den Themen Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit. Forschung bedeutet, dass unsere Fach-Leute verschiedene Themen zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit ganz genau untersuchen. Sie wollen etwas Neues über diese Themen herausfinden. Damit soll erreicht werden, dass sich etwas verbessert. |
Hier findest du Unterstützung
Integrationsämter erfüllen die Aufgaben nach dem Schwerbehindertenrecht. Sie sind in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich organisiert, mal auf kommunaler Ebene, mal beim Landeswohlfahrtsverband o. a. Die Integrationsämter unterhalten Fachdienste, welche nicht nur die behinderten Menschen selbst betreuen und beraten, sondern auch den Arbeitgeber und die Vorgesetzten. Es gibt z. B. Fachdienste für hörgeschädigte oder für blinde Menschen. Nutze deren Kompetenzen. Beispielsweise können viele Gehörlose zwar Lippenlesen, doch bei komplizierten und schwierigen Themen solltest du auf Nummer sicher gehen. Für Schulungen und Unterweisungen für gehörlose Mitarbeiter kannst du auf professionelle Gebärdensprachendolmetscher zurückgreifen, die dir dein Integrationsamt vermittelt. Möglicherweise kannst du auch einen technischen Berater, der dich bei der behinderungsgerechten Gestaltung von Arbeitsplätzen unterstützt, in eine Sicherheitsunterweisung einbinden.
Achte darauf, dass in deinem Betrieb Sicherheit und Gesundheitsschutz nicht als Vorwand missbraucht werden, keine Mitarbeiter mit Behinderung einzustellen. Weise auf die vielfältigen Unterstützungsangebote und finanziellen Hilfen hin. Die meisten Betriebe, die Mitarbeiter mit Behinderungen beschäftigen, machen gute bis sehr gute Erfahrungen.
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